So macht 5G den Weinberg smart
Was haben ein E-Auto, eine mobile Mobilfunk-Basisstation und ein Edge-Cloud-Server gemeinsam? Sie bilden die Basis für die Digitalisierung des Weinbergs. Auf diese Weise sollen im Weinbau digitale Anwendungen wie Robotik, KI und Bilderkennung realisiert werden.
Denn, wie andere Branchen steht mittlerweile auch der Weinbau unter Digitalisierungsdruck: Es fehlt an Fachkräften und immer weniger Menschen wollen die harte und unfallträchtige Arbeit an den Steilhängen machen. Deshalb fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Moseltal bei Cochem-Zell das Projekt „Smarter Weinberg“.
Digitalisierung im Weinbau
Die Region ist bekannt für ihre fast 2.000-jährige Weinbautradition und die extremen Steillagen, die bislang überwiegend in Handarbeit bewirtschaftet werden. Um diese einzigartige Kulturlandschaft zu erhalten und die regionalen Winzerbetriebe zu stärken, greift man jetzt zu 5G-basierter Digitalisierung und Automatisierung.
Die harte und unfallträchtige Arbeit an den steilen Hängen in den Weinbergen im Moseltal wollen immer weniger Menschen machen.
Screenshot Deutsche Telekom/YouTube
So kommt beispielsweise im Rahmen des Projekts ein Roboter zum Einsatz, der mit einem 5G-Router ausgestattet ist. Dieser fährt automatisiert und selbstgesteuert durch die Zeilen der Weinberge und erledigt zeitintensive Arbeiten wie Bodenbewirtschaftung oder Entlaubung.
Die Reben und deren Umgebung werden zudem mit Kameras erfasst, die auf dem Roboter installiert sind. Auf Basis der erfassten Daten können Bearbeitungsgeräte – wie beispielsweise eine Flachschar zur Entfernung des Unkrauts – in Echtzeit angesteuert werden. Auch Informationen zu Laubvolumen und -dichte sowie Schädlingsbefall und Reifebedingungen können aus den Daten extrahiert werden.
Eine zentrale Datenplattform ermöglicht auch hinterher noch eine intelligente Nutzung der gesammelten Daten. So können die gewonnenen Informationen den Winzern dabei helfen, präzise Entscheidungen bezüglich des Einsatzes von Wasser, Dünger und Pflanzenschutzmitteln zu treffen.
Technische Herausforderungen
Das liest sich in der Theorie einfach, doch in der Praxis wirft der Robotereinsatz eine große Herausforderung auf: Die extremen Steilhänge und das teilweise sehr unebene Gelände, das bei den Roboterfahrten zu starken Erschütterungen führt.
Autonomer Roboter im Weinberg.
Screenshot Deutsche Telekom/YouTube
Deshalb müssen die Roboter für den Einsatz im smarten Weinberg sehr leicht gebaut sein. Dies und die zu erwartenden Erschütterungen haben zur Konsequenz, dass die Roboter ihre Computerlogik nicht “onboard” mit sich führen können.
Private 5G hilft
Und hier kommt nun die Telekom ins Spiel, wie Maria Wimmer, Professorin für E-Government, Fachbereich Informatik an der Universität Koblenz, erklärt: „Damit die Automation funktioniert, benötigen wir einen leistungsfähigen Computer sowie ein leistungsfähiges Netz. Und dafür ist eine private 5G-Campus-Lösung unabdingbar.“
Für das 5G-Netz hat die Telekom im Weinberg eine mobile Basisstation aufgebaut. Direkt neben der Basisstation steht im Container-Format ein Edge-Cloud-Server, der die nötige Rechen-Power liefert.
Das Netz selbst basiert auf eigens für den Weinberg lizensierten Industriefrequenzen im Bereich von 3,7 bis 3,8 Gigahertz. Damit ist es ein rein privates Netz, das unabhängig vom öffentlichen Netz der Telekom arbeitet. Dadurch stehen den Forschenden, Unternehmen und Winzern exklusiv über 100 Megahertz Upload-Bandbreite – unter anderem für die Sensordaten der Kameras zur Verfügung.
Damit ist zwar die Datenversorgung des Roboters in Echtzeit gesichert, doch die Stromversorgung ist eine weitere Herausforderung – zumal das Lastenheft des Projekts einen emissionsfreien Betrieb fordert. Notstrom-Aggregate sind damit beispielsweise aus dem Rennen.
E-Auto als Stromlieferant
Ein E-Auto dient beim mobilen 5G-Campus-Netz im Weinberg als Stromquelle.
Screenshot Deutsche Telekom/YouTube
Die Lösung hierfür ist ebenso einfach wie genial. Neben Basisstation und Edge-Cloud-Server wird ein E-Auto geparkt, das über die Ladesteckdose Strom abgeben kann. Auf diese Weise wird dann das Netz mit Strom versorgt.
Bei den Winzern scheint die Lösung gut anzukommen. So meint Projektteilnehmer Kilian Franzen vom Winzer Weingut Franzen in Bremm: „Der Roboter unterstützt uns besonders bei zeitaufwendigen und schweren Arbeiten wie Mulchen oder Entlauben. Mit der gewonnenen Zeit können wir die wenigen Fachkräfte, die wir haben, sinnvoll an den Stellen einsetzen, wo Handarbeit weiterhin nicht ersetzt werden kann.“
Und der nächste Schritt ist auch schon geplant: Das Netz soll sich zu einem nomadischen Netz entwickeln. Sprich, das Equipment soll künftig von einem Weinberg zum nächsten mitwandern.
Hier finden Sie den kompletten Artikel: