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Deutsche Verwaltung soll „Digital-only“ werden

BMDV / BMWK



„Digital only“ – so will Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr (BMDV), seine künftige Strategie für die deutsche Verwaltung ausrichten. Analoge Strukturen sollen sukzessive, aber konsequent heruntergefahren werden, kündigte der FDP-Politiker zum Auftakt des 17. Digital-Gipfel der Bundesregierung in Frankfurt am Main an. Die baltischen Staaten hätten es vorgemacht, wie man Behördenabläufe digital abbilden könne. Das will Wissing offenbar als Blaupause nehmen. Deutschland soll digitales Vorbildland werden, so der Minister. „Es ist an der Zeit sich zu bewegen.“ 



„Deutschland ist digitaler geworden“, verweist Wissing auf die Erfolge der Bundesregierung. Als Beispiele führt der FDP-Mann den Netzausbau und die Forschungserfolge in Sachen KI an. „Wir liefern das, was wir versprochen haben.“ Der Digitalminister will sich die Fortschritte nicht kaputtreden lassen. Gerade in Deutschland schaue man immer sehr gerne darauf, was alles noch nicht funktioniere. Dabei sollte man auch positive Entwicklungen hervorheben.


Deutschland ist digitaler geworden, behauptet Digitalminister Volker Wissing und verweist auf Erfolge beim Netzausbau und in der KI-Forschung.Bundesregierung/Jesco Denzel



Die Ziele des deutschen Digitalministers sind ambitioniert. „Wir wollen Deutschland zum führenden KI-Land in Europa machen“, verkündete auf dem 17. Digital-Gipfel der Bundesregierung in Frankfurt am Main. Mehr als 1.500 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft treffen sich am 21. und 22. Oktober 2024 auf der Frankfurter Messe und diskutieren mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Vertretern aus Bund und Ländern die digitale Zukunft Deutschlands. 



Nur wer KI nutzt, wird im Wettbewerb bestehen



„Nur Unternehmen, die KI nutzen, um ihre Produkte und Services zu optimieren, werden im globalen Wettbewerb bestehen“, unterstreicht Wissing. Vor allem dem deutschen Mittelstand will der FDP-Politiker Hilfestellung beim KI-Einsatz geben. So sollen mit dem Projekt MISSION KI des BMDV bundesweit Testzentren aufgebaut werden, um Unternehmen den Praxis-Einsatz von KI zu erleichtern. Ein erstes Testzentrum wurde bereits im Sommer in Kaiserlautern eröffnet, weitere Zentren in Osnabrück, Berlin und an anderen Standorten sind geplant. 



Wie Behörden mit IT Steuergelder verschwenden



Der Plan der Politik: Betrieben soll im Zuge von MISSION KI ein Mindeststandard für KI an die Hand gegeben werden, der Orientierung für den Einsatz vertrauenswürdiger Produkte geben soll. Darüber hinaus werde sich das bereits bestehende bundesweite Netzwerk der Mittelstand-Digital Zentren des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) künftig stärker auf KI und KI-Readiness ausrichten. Aktuell unterstützten bereits rund 100 KI-Trainer den Mittelstand zielgerichtet mit praxisnahem Wissen bei der Einführung und Anwendung von KI, hieß es.



„Deutschland ist im Bereich KI auf einem guten Weg“, behauptete Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Allerdings sei der Wettbewerb groß und man müsse weiter Gas geben. „Wir brauchen KI-Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb bestehen können und KI-Anwendungen in die Breite der deutschen Wirtschaft tragen.“ Dafür sei dem Grünen-Politiker zufolge digitale Souveränität entscheidend, ob bei technologischer Infrastruktur, Cybersicherheit, Datenverfügbarkeit oder Innovationsfähigkeit. Habeck betonte darüber hinaus die Bedeutung regulatorischer Rahmenbedingungen. Die geplante KI-Verordnung bezeichnete er als „innovationsfreundlich, nutzerzentriert und rechtssicher, was kritische Anwendungen betrifft“. 



Wissing und Habeck hinterfragen Regulatorik



Doch gerade hinsichtlich regulatorischer Vorschriften in Deutschland und Europa sowie deren konkreter Umsetzung scheint es noch Diskussionsbedarf zu geben. „Haben wir zu strenge Regeln“, fragte Wissing gleich zu Beginn seiner Begrüßung in Frankfurt und verwies auf Anbieter wie Apple, die bestimmte KI-Funktionen nicht in Europa freigeben. „Wie viel Regulierung brauchen wir“, fragt sich der Minister und forderte im gleichen Atemzug, dass der digitale Wandel und Innovation nicht durch zu viel Regulierung ausgebremst werden dürften.



eGovernment Monitor 2023: Deutsche Behörden versagen bei Digitalisierung



Im Umgang mit Daten, der Grundlage für das aufziehende KI-Zeitalter, plädierten Wissing und Habeck für offenen Datenräume in Europa. Zudem mahnten sie weitere Anstrengungen hinsichtlich eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes an. Doch dabei knirscht hörbar Sand im Getriebe. Wissing verwies darauf, dass gerade erst die Deutsche Bahn mit dem Big Brother Award als Datenkrake ‚ausgezeichnet‘ wurde, weil sie im Zuge ihrer Digitalisierung angeblich zu viele Daten erhebe. Gleichzeitig werde es aber ohne Datenstrategie keine digitalen Erfolge zu verzeichnen geben, beschreibt Wissing das Dilemma.


Den Datenschutz in Deutschland könne man besser aufstellen, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck. Konsolidierter und zentraler, lautet sein Vorschlag.BMWK / Dominik Butzmann



Sein Ministerkollege Habeck stellt zwar den Datenschutz an sich nicht in Frage, meldet aber Zweifel bei der Umsetzung hierzulande an. Für den Grünen-Politiker sind die vielen Datenschutzbehörden in den einzelnen Bundesländern offenbar nicht die richtige Datenschutzlogik. Habeck würde die Aufgabe gerne konsolidieren und zentralisieren. „Den Datenschutz kann man besser machen in Deutschland“, so seine Botschaft. 



Der Traum vom friedlichen Internet ist geplatzt



Grundsätzlich braucht es Habeck zufolge aber regulatorische Grenzen im digitalen Raum. „Der Traum, dass alle friedlich auf digitalen Plattformen miteinander reden, ist geplatzt“, stellt der Minister nüchtern fest. Doch demokratische Werte gelten auch im Digitalen. Daher brauche es einen entsprechenden Rechtsrahmen mit den dazugehörigen Regeln. Habeck nennt an dieser Stelle explizit die Plattform X von Elon Musk und TikTok, das in China schärfer reguliert werde als in Europa.



Ferner sucht Habeck nach Wegen, die Abhängigkeiten Deutschlands und Europas von Anbietern aus den USA und China zu verringern. Doch er gibt unumwunden zu: „Im digitalen Bereich spielen wir in der 2. Liga.“ Deutschland müsse sich in Sachen Forschung und Innovation zwar nicht verstecken, doch es gelinge offenbar nicht, diese Erfolge in der Praxis zu skalieren. 



Ins gleiche Horn stößt der Digitalverband Bitkom. „Für Deutschland und Europa muss es Ziel sein, im Wettbewerb um digitale Technologien und Innovationen auf Augenhöhe mit globalen Vorreitern wie den USA oder China zu gelangen – als starker, selbstbewusster und digital souveräner Player“, fordert Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sollten das gemeinsame Ziel verfolgen, Deutschland digital nach vorne zu bringen. „Dafür braucht es ein hohes Ambitionsniveau, Teamplay und Leistungsbereitschaft.“


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Wintergerst sieht durchaus Erfolge und weiteres Potenzial. Der Netzausbau sei beispielsweise in den vergangenen Jahren zu einer bundesweiten Erfolgsgeschichte geworden. Von 2018 bis 2022 habe sich Deutschland bei der digitalen Infrastruktur im EU-Vergleich von Rang 16 auf Rang 4 vorgearbeitet. „Das zeigt: Wenn Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen, können wir in Deutschland in kurzer Zeit viel bewegen.“ 



Krisen offenbaren Verwundbarkeit Deutschlands



Insgesamt seien Deutschland und Europa nicht so schlecht aufgestellt, wie häufig kolportiert, stellt der Bitkom-Chef fest. Allerdings zeigten die multiplen Krisen auch die wirtschaftliche Verwundbarkeit Deutschlands. „Wir dürfen unsere Herausforderungen nicht mehr mit immer mehr Regulierung angehen, sondern mit immer mehr Innovation“, fordert Wintergerst. „Wir brauchen das Zusammenspiel aus innovationsfreundlicher Regulierung und Investitionsanreizen.“