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Legacy-Modernisierung: Eine Frage des “Wie” – nicht des “Ob”

Der Großrechner lebt. Und das entgegen der Einschätzung etlicher Business-Verantwortlicher und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fachbereichen. Denn in 56 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind noch Mainframes und Midrange-Systeme im Einsatz. Das belegt die Studie “Legacy-Modernisierung 2024”, die das Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Zusammenarbeit mit Hyland, T-Systems, SPIRIT/21 und Thinkwise erstellt hat.



Insgesamt nutzt noch ein Drittel der Firmen Legacy-Systeme für wichtige Aufgaben. Dazu zählen allerdings nicht nur Großrechner beziehungsweise eine veraltete CRM- oder ERP-Software. Laut der Studie stuft mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) auch mindestens eine der instanzenbasierten Cloud-Ressourcen als veraltet ein. Dazu zählen beispielsweise Software-as-a-Service-Angebote (SaaS).



“Legacy” wird auf unterschiedliche Weise definiert



“In der Praxis zeigt sich, dass viele Unternehmen nach wie vor eine erhebliche Anzahl an Legacy-Applikationen nutzen. Dabei ist es schwierig, den Anteil wichtiger Unternehmensanwendungen zu bestimmen, auch für die Unternehmen selbst”, bestätigt Thomas Strigel, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Managed Solutions & Consulting von SPIRIT/21. Der Grund: Diese Applikationen sind oft in umfassendere Prozesse eingebunden und daher bei einer ersten Analyse nicht sofort sichtbar.


Thomas Strigel, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Managed Solutions & Consulting von SPIRIT/21: “In der Praxis zeigt sich, dass viele Unternehmen nach wie vor eine erhebliche Anzahl an Legacy-Applikationen nutzen. Dabei ist es schwierig, den Anteil wichtiger Unternehmensanwendungen zu bestimmen, auch für die Unternehmen selbst.”SPIRIT/21 GmbH



Hinzu kommt, dass Unternehmen den Begriff “Legacy” auf unterschiedliche Weise interpretieren: “Während für einige das Alter der Anwendung oder der verwendeten Technologien ausschlaggebend sind, bedeutet ‘Legacy’ für andere den Wegfall von Support beziehungsweise Updates”, so Strigel.



“Weiter wie gehabt”, ist keine Option



Fest steht allerdings, dass ein “Weiter so!” mit veralteten IT-Infrastrukturen und Anwendungen keine Lösung ist. Denn fast die Hälfte der Teilnehmer der Studie (46 Prozent) gab an, dass mit Legacy-Systemen hohe Betriebskosten verbunden sind. Und über 40 Prozent der Unternehmen verzeichnen dadurch Einschränkungen, die ihre Geschäftsaktivitäten beeinträchtigen. Höhere Ausgaben bei gleichzeitig sinkender Wettbewerbsfähigkeit sind Faktoren, die sich gerade in herausfordernden Zeiten kein Unternehmen leisten kann.



Legacy-Modernisierung: Modernisierung braucht ein “Warum” | Computerwoche



“T-Systems beobachtet außerdem, dass Unternehmen mit einem Mangel an Flexibilität, erhöhten Sicherheitsrisiken und fehlenden spezialisierten Fähigkeiten zur Wartung älterer Systeme zu kämpfen haben, was für Modernisierungsentscheidungen oft kritisch ist”, sagt Gundula Folkerts, PreSales Lead Legacy Application Modernization bei T-Systems.



Eine Fülle von Herausforderungen



Dass die Ablösung oder das Upgrade von Bestandssystemen kein Selbstläufer ist, betont auch Arsalan Minhas, Associate Vice President of Sales Engineering bei Hyland Software: “Bei IT-Modernisierungsprojekten sehen sich Unternehmen einer Vielzahl komplexer Herausforderungen gegenüber.” Eine ist das Konsolidieren und Konvertieren der Daten aus unterschiedlichen Altsystemen. “Daten sind das Herzblut jedes Unternehmens. Eine fehlerhafte Migration kann den gesamten Organismus lahmlegen”, warnt Minhas.



Experten diskutieren Legacy-Modernisierung: IT-Verjüngungskur mit Nachdruck



Eine solche Datenkonsolidierung ist umso wichtiger, als der Studie zufolge bereits 61 Prozent der Unternehmen über eine zentrale Datenplattform verfügen. Sie soll auch im Zusammenhang mit der Erneuerung geschäftskritischer Workloads eine zentrale Rolle spielen, inklusive der datenbasierten Steuerung von Geschäftsprozessen. Als weitere kritische Punkte stuft Hyland bei der Legacy-Modernisierung Bedenken in Bezug auf die Sicherheit und die komplexe Migration von Geschäftsprozessen ein.



Zudem spielen nach den Erfahrungen von T-Systems betriebspolitische Faktoren eine Rolle bei der Legacy-Modernisierung, etwa “Interessenkonflikte zwischen den betroffenen Stakeholdern, das heißt IT und Anwendung sowie Geschäftsinhabern”, erläutert Gundula Folkerts.


Gundula Folkerts, PreSales Lead Legacy Application Modernization bei T-Systems: “Die meisten Unternehmen möchten die Vorteile der Cloud nutzen, sowohl von Public als auch Private Clouds. Sie sind sich aber manchmal nicht sicher, wie sie diese Vorteile realisieren können.”
T-Systems International GmbH



Kosten schwer einzuschätzen



Bei Projekten im Bereich Legacy-Modernisierung sieht SPIRIT/21 die Anwender daher in einer “Zwickmühle”, so Thomas Strigel. Zwar seien den Unternehmen die Nachteile von Bestandssystemen bewusst, doch würden sie die Risiken und Kosten scheuen, die mit einer Transformation verbunden sind.



“Die Kosten für eine vollständige Ablösung größerer Legacy-Anwendungen lassen sich im Voraus nur schwer einschätzen, da häufig entweder keine oder nur unzureichende Dokumentationen zu den Anwendungen und den abgebildeten Prozessen vorliegen”, erläutert der Fachmann. Hinzu kommt, dass viele Mitarbeiter, welche die Systeme entwickelt oder konfiguriert haben, bereits in Rente sind oder das Unternehmen verlassen haben.



Weg mit veralteten Systemen



Die Frage ist allerdings, welchen Weg Unternehmen einschlagen sollen, wenn sie eine modernere IT-Umgebung einrichten möchten: eine Rundumerneuerung in einem Zug, eine schrittweise Vorgehensweise oder eine Mischung aus beiden Ansätzen.



Für einen kompletten Neuaufbau plädiert beispielsweise Thinkwise, ein Anbieter von Plattformen und Tools im Bereich Low-Code. “Unternehmen tendieren häufig zu Ansätzen wie Rehost, Replatform, Refactor oder Rearchitect. Doch diese Strategien bieten oft nur kurzfristige Lösungen und schaffen potenziell zukünftige technologische Altlasten”, kritisiert Mark Knill, Chief Commercial Officer von Thinkwise. “Der Ansatz des vollständigen Neuaufbaus wird hingegen viel zu selten in Betracht gezogen, obwohl er langfristig die nachhaltigste Option ist.”


Mark Knill, Chief Commercial Officer von Thinkwise: “Unternehmen tendieren häufig zu Ansätzen wie Rehost, Replatform, Refactor oder Rearchitect. Doch diese Strategien bieten oft nur kurzfristige Lösungen und schaffen potenziell zukünftige technologische Altlasten.”
Thinkwise Software BV



Eine Rebuild/Replace-Strategie auf Basis einer modellgetriebenen Low-Code-Entwicklung, wie sie Thinkwise empfiehlt, beseitigt Knill zufolge veralteten Code und ermöglicht es Unternehmen, die neusten Best Practices und Technologien zu verwenden. Ein weiterer Vorteil eines Neuanfangs: “Die Anwendung kann exakt auf die aktuellen und zukünftigen Geschäftsanforderungen zugeschnitten werden, was bei anderen Modernisierungsansätzen oft nur begrenzt möglich ist.”



Mit Low-Code spezifische Anforderungen umsetzen



Als Beispiel dafür, wie sich eine Low-Code-Plattform im Rahmen der Legacy-Modernisierung einsetzen lässt, führt Knill das niederländische Schifffahrtsunternehmen Wagenborg an. Es nutzte für die Modernisierung eines veralteten ERP-Systems auf Basis von AS/400-Rechnern das System von Thinkwise. Dadurch konnte Wagenborg spezifische Anforderungen an die ERP-Software umsetzen, ohne dass eine Individualentwicklung nötig war.



“Das Unternehmen entwickelt und automatisiert heute viel schneller und gezielter genau die Funktionalität, die für die spezifischen Prozesse benötigt werden. Zudem können neue Technologien wie IoT und KI einfacher implementiert werden”, fasst Knill zusammen. Die Grundlage bildet eine grafische Modellierung von Software, die sich mit geringem Aufwand an individuelle Anforderungen anpassen lässt.



Alternative: Iterativer Modernisierungsprozess



Doch nicht alle Unternehmen wollen oder können einen radikalen Schnitt vornehmen: “Bei Hyland beobachten wir, dass unsere Kunden in der Regel einen phasenweisen oder iterativen Modernisierungsansatz bevorzugen, anstatt sich für eine umfassende ‘Big-Bang’-Umstellung zu entscheiden”, sagt Arsalan Minhas.



Eine schrittweise Legacy-Modernisierung hat aus seiner Sicht drei Vorteile:




Anwender erzielen schnell einen greifbaren Mehrwert (ROI),



Kosten und Risiken lassen sich besser kontrollieren beziehungsweise minimieren und



“Kunden können die Ergebnisse jeder Phase validieren und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Dies fördert eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und Anpassungsfähigkeit”, so der Experte.




Egal, ob Iteration oder Big Bang: Wichtig ist Hyland zufolge, dass ein Spezialist für Legacy-Modernisierung Unternehmen maßgeschneiderte Lösungsansätze anbietet, die auf die Anforderungen der Nutzer abgestimmt sind.


Arsalan Minhas, Associate Vice President of Sales Engineering bei Hyland Software: “Bei Hyland beobachten wir, dass unsere Kunden in der Regel einen phasenweisen oder iterativen Modernisierungsansatz bevorzugen, anstatt sich für eine umfassende ‘Big-Bang’-Umstellung zu entscheiden.”Hyland Software Germany GmbH



Wichtigste Zielplattformen: Private und Public Cloud



Eine zentrale Rolle beim Modernisieren von Bestandssysteme spielt die Cloud. An die 63 Prozent der Unternehmen gaben als Zielplattform von Modernisierungsprojekten eine Private Cloud an, knapp 49 Prozent Public Clouds.



“Die meisten Unternehmen möchten die Vorteile der Cloud nutzen, sowohl von Public als auch Private Clouds. Sie sind sich aber manchmal nicht sicher, wie sie diese Vorteile realisieren können”, stellt Gundula Folkerts fest. Vor allem das Ausbalancieren von Cloud und Legacy-Workloads sei eine Herausforderung. Generell geht der Trend in Richtung Hybrid Cloud: “Die meisten Unternehmen bevorzugen einen Hybrid-Cloud-Ansatz, der Kontrolle mit Flexibilität und Compliance-Anforderungen in Einklang bringt”, betont Folkerts.



Doch auch die Migration von Altsystemen und entsprechenden Anwendungen in eine Cloud erfordert Fachwissen, das speziell in kleineren und mittelständischen Firmen nur bedingt vorhanden ist, erläutert Thomas Strigel von SPIRIT/21: “Die größte Herausforderung besteht nach wie vor darin, den gesamten Funktions- und Prozessumfang sowie die Interaktionen mit anderen Anwendungen zu identifizieren und zu dokumentieren. An zweiter Stelle steht die Schwierigkeit, die Kosten für eine Ablösung realistisch abzuschätzen.”



Rolle von Managed Services



Solche Faktoren und die Komplexität einer Legacy-Modernisierung per se führen dazu, dass laut der Studie von CIO, CSO und Computerwoche fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) auf die Hilfe von Dienstleistern zurückgreift. Neben Beratungsleistungen gewinnen Managed Services an Bedeutung. “Gerade die Neuentwicklung, insbesondere als Cloud-native Anwendung, ist ein zentrales Angebot von SPIRIT/21, das von Unternehmen im Rahmen ihrer Modernisierung häufig genutzt wird. Dabei wird oft ein komplettes Managed-Services-Angebot bevorzugt, das den Betrieb der Lösung einschließt”, bestätigt Thomas Strigel.



Dieselbe Erfahrung hat T-Systems gemacht: “Managed Services können dazu beitragen, die Last der Modernisierung zu verringern, indem sie Ressourcenengpässe angehen und flexible, skalierbare Lösungen anbieten”, so Gundula Folkerts. T-Systems kann Unternehmen durch seine breite Expertise dabei unterstützen, die Modernisierung von Legacy-Umgebungen zu unterstützen, von der Beratung bis zur Ausführung.”



Fazit: Eigenen Weg finden



Die Studie “Legacy-Modernisierung 2024” und die Einschätzungen der Experten zeigen, dass für die Modernisierung von Bestandssystemen das Kostüm beziehungsweise der Anzug von der Stange keine tragfähige Lösung ist. Vielmehr muss jedes Unternehmen einen eigenen Weg hin zu einer moderneren IT- und Anwendungsumgebung finden. Ob dies der Umstieg auf eine Low-Code- oder Cloud-Plattform ist oder eine sanfte Migration, bei der auch Mainframes noch eine Rolle spielen, hängt von den individuellen Anforderungen eines Anwenders ab.



Angesichts der elementaren Bedeutung und des oft hohen Komplexitätsgrads einer Legacy-Modernisierung dürfte es angeraten sein, die Unterstützung durch externe Fachleute in Betracht zu ziehen. Zum einen verfügen diese über das erforderliche Fachwissen. Zum anderen können diese eine neutrale Bewertung der vorhandenen IT-Umgebung durchführen und moderne Alternativen empfehlen, unabhängig von der Betriebspolitik.



Doch der Aufwand lohnt sich, wie Arsalan Minhas von Hyland zusammenfasst: “Trotz der Herausforderungen bietet die IT-Modernisierung enorme Chancen. Sie ist der Schlüssel zur digitalen Transformation und damit zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit. Die Modernisierung von Legacy-Systemen ist daher keine Frage des ‘Ob’, sondern des ‘Wie’.”


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Studiensteckbrief



Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE



Studienpartner: Hyland Software Germany GmbH; T-Systems International GmbH; SPIRIT/21 GmbH; Thinkwise Software BV



Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich



Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die Entscheiderdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie – zur Erfüllung von Quotenvorgaben – über externe Online-Access-Panels



Gesamtstichprobe: 320 abgeschlossene und qualifizierte Interviews



Untersuchungszeitraum: 23. bis 30. Juli 2024



Methode: Online-Umfrage (CAWI) Fragebogenentwicklung & Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Abstimmung mit den Studienpartnern