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Google reicht Kartellbeschwerde gegen Microsoft ein

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Google hat bei der EU-Kommission eine formelle Kartellbeschwerde gegen Microsoft eingereicht. Darin wirft Google dem Cloud-Konkurrenten wettbewerbswidrige und unfaire Lizenzierungspraktiken vor. Microsoft zwinge seine Kunden über die eigene Preispolitik seine Azure-Cloud-Infrastruktur zu nutzen. Wer Microsoft-Software wie den SQL oder den Windows Server in konkurrierenden Clouds nutzen wolle, müsse mit Preisaufschlägen von bis zu 400 Prozent rechnen, lautet Googles Vorwurf. 



Mit diesen Praktiken habe Microsoft europäischen Unternehmen und Regierungen erheblich geschadet, schreiben Amit Zavery, General Manager und Vice President für die Google Cloud, und Tara Brady, President für Google Cloud in der Region EMEA, in einem Blog-Beitrag. Die Google-Manager beziffern den dadurch entstehenden Schaden auf mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr. Dadurch würden Steuergelder verschwendet, der Wettbewerb behindert und Kunden außerdem erhöhten Risiken ausgesetzt, weil sie einer unzureichenden Sicherheitskultur Microsofts ausgesetzt seien. 



Behindert Microsoft den Wettbewerb?



Microsoft sieht sich seit Jahren Vorwürfen ausgesetzt, den Wettbewerb im Cloud-Markt durch seine Lizenzierungs- und Preispraktiken zu behindern. Im November 2022 hatte die Vereinigung Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) offiziell Beschwerde gegen Microsoft bei der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) der EU-Kommission eingereicht, nachdem es zuvor nicht gelungen war, den Streit gütlich beizulegen.



Auch hier ging es in den Auseinandersetzungen vor allem darum, wie Microsoft seine Produkte wie zum Beispiel Microsoft 365 und Windows immer enger mit seinen Azure-Cloud-Services und anderen Diensten verknüpft. Für Konkurrenten sei es fast unmöglich, mit eigenen Software-as-a-Service (SaaS)-Diensten dagegenzuhalten, warf CISPE dem US-amerikanischen Softwarekonzern vor. Darüber hinaus könne Microsoft seine Software in der eigenen Azure-Cloud immer günstiger anbieten als Wettbewerber in deren Clouds. 



Hier lesen Sie alle Hintergründe über den Streit um Microsofts Preispolitik in der Cloud:




Microsoft vs. CISPE: Keine Einigung im Cloud-Streit



Verhandlungen mit den Wettbewerbern: Microsoft will Streit um seine Cloud-Praktiken beilegen



EU-Kommission prüft: Streit um Microsofts Cloud-Praktiken wird schärfer



Kooperation mit der Konkurrenz soll besser werden: Microsoft räumt Fehlverhalten im Cloud-Markt ein




Der Wettbewerb werde außerdem dadurch behindert, dass Microsofts Software in den Clouds anderer Anbieter nicht so gut funktioniere, monierte CISPE weiter. Durch den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung untergrabe der Softwaregigant den fairen Wettbewerb und schränke die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher auf dem Markt für Cloud-Dienste ein, lautete das Fazit der Vereinigung. 



Im Juli dieses Jahres legten CISPE und Microsoft ihre Streitigkeiten vorerst bei. Man habe eine Einigung erzielt, hieß es in einer Mitteilung des Verbands. Im Rahmen einer von beiden Parteien unterzeichneten Absichtserklärung habe sich Microsoft verpflichtet, bestimmte Änderungen vorzunehmen, um die Vorwürfe der europäischen CISPE-Mitglieder auszuräumen. CISPE werde seine Beschwerde gegen Microsoft daher zurückziehen. Explizit ausgeschlossen von dieser Vereinbarung wurden CISPE-Mitglied Amazon Web Services, die Google Cloud Platform und AliCloud des chinesischen Anbieters Alibaba. Diese drei Anbieter könnten nicht von diesen Bedingungen profitieren, hieß es.


width="544" height="306" sizes="(max-width: 544px) 100vw, 544px">Microsoft hat neun Monate Zeit, seine Versprechen einzulösen, sagte Francisco Mingorance, Generalsekretär der CISPE, Mitte des Jahres. Ist das nicht der Fall, will der Verband erneut Beschwerde einlegen.CISPE



Francisco Mingorance, Generalsekretär der CISPE, sprach in diesem Zusammenhang von einem bedeutenden Sieg für die europäischen Cloud-Anbieter. Diese Vereinbarung schaffe gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Anbieter von Cloud-Infrastrukturdiensten und ihre Kunden. „Microsoft hat neun Monate Zeit, um sein Versprechen einzulösen und Lösungen anzubieten, die faire Lizenzbedingungen für seine Produktivitätssoftware in europäischen Cloud-Infrastrukturen ermöglichen.“



Google fordert Lösung, von der alle profitieren



„Leider hat Microsoft, anstatt seine Praktiken zu ändern, einmalige Vereinbarungen mit einer kleinen Gruppe von Unternehmen getroffen“, kommentieren die Google-Manager Zavery und Brady die aktuelle Situation, und ergänzt: „Um den Beschwerden, die wir von Kunden – und aus der gesamten Branche – hören, Gehör zu verschaffen und eine Lösung zu finden, von der alle profitieren, gehen wir nun den nächsten Schritt und reichen eine formelle Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein.“ 



Microsoft ging in einer per E-Mail versandten Erklärung nicht auf die Einzelheiten der Beschwerde von Google ein. „Microsoft hat ähnliche Bedenken, die von europäischen Cloud-Anbietern geäußert wurden, gütlich beigelegt, auch nachdem Google gehofft hatte, dass sie weiter prozessieren würden“, hieß es von Seiten Microsofts. Berichten zufolge habe Google CISPE im Sommer dieses Jahres 470 Millionen Euro angeboten, damit sie die Beschwerde gegen Microsoft weiter verfolgen. Nachdem es nicht gelungen sei, die europäischen Unternehmen zu überzeugen, sei zu erwarten, dass Google auch die Europäische Kommission nicht überzeugen werde, ließen die Microsoft-Verantwortlichen durchblicken. 



Dave McCarthy, Vice President bei IDC Research für Cloud- und Edge-Dienste, interpretiert den Kontext der Google-Beschwerde als Zeichen „eines allgemeinen Trends in der Cloud-Branche dahin, dass Kunden überdenken, wie sie Anwendungen in der Cloud erstellen und mit wem sie zusammenarbeiten.“ Aus Sicht des IDC-Analysten wird auch der Wettbewerb härter. Bei AWS und Azure verlangsame sich das Wachstum, während Google schneller zulegen könne.



Cloud-Kunden wollen mehr Wahlfreiheit



Ob Microsoft mit seiner Strategie erfolgreich sein wird, bezweifelt McCarthy. Kurzfristig könnte es funktionieren, die Kunden mit Anreizen zu locken, bei Azure zu bleiben. Langfristig würden diese kommerziellen Praktiken die Kunden allerdings eher dazu veranlassen, solche Technologie aus ihrem IT-Bestand herauszulösen, um in Zukunft mehr Auswahl zu bekommen. 



Tracy Woo, Principal Analyst für Cloud bei Forrester, zeigt sich von der Google-Beschwerde indes nicht besonders beeindruckt und beschreibt sie als „viel Gejammer“. Google ärgere sich über Microsoft, dass sie ihnen nicht anbieten, mit ihnen zusammenzuarbeiten, da sie gut mit AWS können, sagte Woo. „Google ist der schwierigste der großen Hyperscaler, mit dem man zusammenarbeiten kann. Sie teilen keine Roadmaps und sie gehen am wenigsten offen mit ihren Daten um.“ 



“Microsofts monopolistische Produktpolitik muss gestoppt werden”



Dennis Kipker, Research Director am cyberintelligence.institute, begrüßt das kartellrechtliche Vorgehen gegen den US-Konzern. „Microsoft hat immer wieder komplexe Lizenzierungssysteme und restriktive Praktiken eingesetzt, um Kundinnen und Kunden in sein Cloud-Ökosystem zu drängen“, sagt Kipker. Dabei habe sich der Softwareriese stets geschickt der Kontrolle durch die Regulierungsbehörden entzogen. „Dieses wettbewerbsverzerrende Verhaltensmuster reicht Jahrzehnte zurück und hat nationaler Innovation und Digitalsouveränität großen Schaden zugefügt.“ Deshalb sei es richtig, dass nun Maßnahmen ergriffen werden, die diesen Kreislauf durchbrechen. Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt sollten entschlossen handeln, um Microsofts monopolistische Produktpolitik gemeinsam zu stoppen.